Chester Rock

 

 

Kurzbeschreibung:

Samuel hätte nicht dort sein sollen. Er hätte niemals in den Wagen einsteigen dürfen.

Nach dem schrecklichen Unfall, besucht ihn eine alte Dame Nacht für Nacht in seinen Träumen. Gefangen zwischen Realität und Traumwelt sieht Samuel Dinge, die er niemals hätte sehen dürfen. Die Nacht katapultiert den Jungen in die Zukunft und er erkennt, dass es seine Bestimmung ist und keine Folge des schweren Autounfalls. Samuel versucht zu handeln um die Welt vor jenem zu bewahren, dass ihr unweigerlich bevorsteht.

Als seine luziden Reisen immer mehr Teil der realen Welt werden wird ihm klar, dass es keine Option gibt. Gelähmt von den Geschehnissen der Weltpolitik, fühlt er sich wie ein Statist seines eigenen Lebens.

»Ich bin die Glocke, die Euren Untergang einläutet«
Tom Midler
-Freies Amerika –

 


Auszug:

Endlich erreichte er sein Elternhaus in der Medlesterstreet Nummer acht. Der Vorgarten war wie gewohnt gepflegt und der englische Rasen war penibel geschnitten worden, so wie es immer war. Er schloss die Eingangstür auf und betrat den großen Flur des Hauses.

»Hi, Mum!«, begrüßte er den leeren Raum und wartete auf eine Resonanz. Keine Antwort, weder Mum noch Dad antworteten ihm.

Sam beschloss, in die Küche zu gehen, als er plötzlich eine kaum hörbare Stimme vernahm.

»Ich bin im Wohnzimmer, kleiner Sam«, sprach die fremde weibliche Stimme. Sie klang heiser und sehr alt.

Sam bekam eine Gänsehaut. Er hatte das Gefühl, langsam durchzudrehen, und musste sich zügeln, um nicht schreiend aus dem Haus zu laufen. Er öffnete die Wohnzimmertür: In dem Sessel, in dem sein Vater oft seinen Feierabend verbrachte, saß eine Frau. Sie war um die neunzig Jahre alt und sah furchterregend aus. Schneeweißes Haar fiel auf ihre knochigen Schultern. Sie trug moderne Turnschuhe und ein dreckiges gelbes Kleid mit großen roten Punkten. Sam bemerkte, wie etwas Warmes an seiner Hose entlanglief. Zu verstörend und abstoßend war der Anblick dieser alten, verwahrlosten Frau.

»Setz dich, kleiner Sam«, befahl die heisere Stimme liebevoll.

Sam folgte ihren Worten und setzte sich der Frau direkt gegenüber. »Wo sind meine Eltern?«, fragte er und bemerkte zu seinem Erstaunen, wie sehr seine Stimme zitterte.

Die alte Frau lächelte, womit unzählige Falten zum Vorschein kamen. »Jetzt und hier gibt es keine Eltern, kleiner Sam«, säuselte sie leise.

Samuel blickte an der fremden Frau vorbei zu dem eingeschalteten Fernseher. Offensichtlich hatte sich der Gast vor Sams Ankunft die Nachrichten angesehen. Ungläubig verfolgte er den Bericht, der gerade gezeigt wurde.

»Washington: Die Eskalation mit Nordkorea hat nun weitere Staatsmächte auf den Plan gerufen. Ich zitiere: ›Wir werden nicht zulassen, dass die USA weitere Vergeltungsaktionen gegenüber unseren Verbündeten durchführt. Wir werden mit militärischen Schritten auf die Aktionen der letzten Nacht antworten‹, so der chinesische Verteidigungsminister Jo Zuen ...«

»Was denn für eine Eskalation ...?«, flüsterte Samuel. Er blickte auf die Uhr im Wohnzimmer und sah, dass der Minutenzeiger raste, während der Stundenzeiger wie eingefroren stillstand. »Was ist hier los?«